Brown Horse: Reservoir

Brown Horse credit Katie Jones Barlow

Warum sollte Country-Rock immer unbedingt aus Ami-Land kommen? Das fragten sich auch die Musiker der Band Brown Horse – und begeistern nun mit einer englischen Americana-Platte.

von Werner Herpell

„Brown Horse ist eine Country-Rock-Band aus Norwich.“ Diesen trockenen Eröffnungssatz aus der Album-PR des verdienten Labels Loose lässt man am besten erstmal auf sich wirken – weil dahinter eine überraschende Botschaft steckt. Nicht aus North Carolina oder Nebraska in den Staaten also, sondern aus dem Osten Englands stammt diese Truppe, die mit ihrem Album-Debüt „Reservoir“ gegen die musikalischen Platzhirsche aus der ursprünglichen Heimat des Country-Rock antritt – ähnlich wie vorher die britischen Americana-Bands Cosmic Rough Riders, The Rockingbirds oder The Hanging Stars.

Brown Horse meets Crazy Horse

Brown Horse Reservoir Cover Loose Music

Schon im wunderbaren

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Opener „Stealing Horses“ (mit authentischen „Tear in my beer“-Schluchzern) lässt die Band erkennen, warum sie – was die Gitarrenarbeit betrifft – das „Horse“ im Namen mit Fug und Recht (und mit Stolz) tragen darf. Denn das braune Pferd aus Norwich ist hier vom verrückten Pferd der Neil-Young-Begleitlärmer gar nicht mal so weit entfernt. Auch bei „Bloodstain“ lässt man anschließend die Sechssaitigen ordentlich bratzen – und mithin so gar nicht an die liebliche englische Countryside denken, sondern eher an die urige The-Band-Hütte von Big Pink.

Dabei ist der Seventies-Folkrock-Anteil ähnlich stark ausgeprägt wie jener süffige Alternative-Country-Sound, der Brown Horse als gelehrige Schüler von 80er/90er-Bands wie Uncle Tupelo, deren Nachfolgeprojekt Son Volt (mit Jay Farrar), Songs:Ohia, Magnolia Electric Co. oder The Jayhawks ausweist. Später, in „Sunfisher“, wird das ländliche Elememt dieser nichtamerikanischen Americana-Musik mit reichlich Fiddle betont. In „Silver Bullet“ lassen Brown Horse das Klavier munter klimpern, bringen aber im traurigen „Paul Gilley“, im ausschweifenden Akkordeon-Folkrocker „Outtakes“ und in der zarten Banjo-Ballade „Called Away“ auch ihre melancholische Seite zum Glänzen.

Ein Post-Pandemie-Sound

Und wer ist nun für dieses abwechslungsreiche Country-Rock-Menu namens „Reservoir“ konkret verantwortlich? Emma Tovell, Nyle Holihan, Patrick Turner und Rowan Braham starteten 2018 als Folk-Quartett und spielten zunächst in englischen Pubs Standards, Cover und eigene Songs. Erst als die Band 2022 nach der Pandemie wieder zusammenkam, wandte sie sich einem schwereren, gitarrenbetonten Sound zu, berichtet ihr Label. Ben Auld kam als Schlagzeuger hinzu, Phoebe Troup komplettierte im Sommer 2023 das Line-up von Brown Horse.

„Dunkler Unterton“ bei Brown Horse

Es war „am schwierigsten herauszufinden, welche Songs wir weglassen mussten“, erinnert sich die Band heute an die „Reservoir“-Sessions. „Wir alle bei Brown Horse sind Songwriter, und jeder von uns schreibt seit Jahren – was bedeutete, dass wir mit einem ziemlich großen Fundus an Songs ins Studio gingen (…). Letztendlich hatten wir das Gefühl, dass die Songs, aus denen sich ‚Reservoir‘ zusammensetzt, etwas gemeinsam haben: eine Art dunkler Unterton, der an manchen Stellen an Verzweiflung grenzt. Es ist eine Art trauriges Album, was seltsam ist, wenn man bedenkt, wie viel Spaß wir bei der Arbeit daran hatten.“ 

Das Album „Reservoir“ von Brown Horse erscheint digital am 19.01.2024, physisch am 09.02.2024 bei Loose Music/Believe. (Beitragsbild von Katie Jones Barlow)

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